Karl Meinhart (1954-2022)
Mit großer Trauer geben wir bekannt, dass der Architekt Karl Meinhart nach kurzer Krankheit in seiner Wahlheimat Wien verstorben ist.
Seine Kindheit verbrachte Karl Meinhart in Timelkam/OÖ. In Vöcklabruck, wo er auch zur Welt gekommen ist, besuchte er die HTL für Maschinenbau, die er mit der Matura abschloss. Meinhart war ein vielseitig begabter Mensch, der neben seinem Studium der Architektur an der TU Wien auch vier Gastsemester Kunstgeschichte in Marburg an der Lahn bei Heinrich Klotz studiert hatte. Wie damals üblich, hat er schon während der Studienzeit in Architekturbüros gearbeitet und sich damit das Studium finanziert. Das Architekturstudium schloss er 1986 mit dem Diplom bei Anton Schweighofer ab. Danach war er Mitarbeiter im Architekturbüro Stein, wo er unter anderem für die Umsetzung der Veterinärmedizinischen Fakultät der Uni Wien verantwortlich war. Seine Managementfähigkeit in der Abwicklung sehr großer Projekte stellte er damit unter Beweis. Sein eigenes Büro gründete er schließlich 1993 in Wien, seit 1995 lebte und arbeitete er in Salzburg. Auf diese Zeit geht auch die Ateliergemeinschaft mit Architekt Georg Huber zurück, die 1997 schließlich zur Gründung des Büros „one room“ führte, nachdem sie zusammen den ersten Preis für den Wettbewerb für die Neugestaltung von Thessaloniki im Rahmen der Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt errungen hatten. Der weltweit ausgeschriebene Wettbewerb für Architekt*innen unter 45 mit annähernd 250 Teilnehmer*innen firmierte unter dem Motto „Collective Spaces in the Contemporary City”. Mit ihrem international beachteten Beitrag, der die gesamte water front der nordgriechischen Metropole behandelte, gelang ihnen ein großartiger urbanistischer Beitrag für die riesigen Hafen- und Uferzonen von Thessaloniki, dem allerdings kein konkretes Bauprojekt folgte. Dieser internationale Erfolg hat in Salzburg leider nur wenig Beachtung gefunden.
Karl Meinhart wurde bald nach seiner Übersiedelung von Wien nach Salzburg Mitglied im Vorstand der Initiative Architektur, die erst wenige Jahre zuvor gegründet worden war. Er brachte sich vom ersten Moment an mit seinen Ideen und viel Engagement ehrenamtlich ein und blieb bis 2007 Vorstandsmitglied. Von 2003-07 nahm er als Vorsitzender wichtige Weichenstellungen für die Initiative Architektur vor. So geht auf ihn die Installierung eines künstlerischen Leiters zurück, der für die Gestaltung des Programms verantwortlich ist. Dadurch kam es zu einer raschen Professionalisierung des Vereins und der Vereinsarbeit. Von einer geringfügigen Stelle und einem Schreibtisch als Untermieter in einem Architekturbüro gelang es Schritt für Schritt, die öffentliche Präsenz und die Infrastruktur des Vereins auszubauen. Die Einrichtung eines Ausstellungsraums im Künstlerhaus – noch von Meinhart mitinitiiert – und schließlich die Schaffung des Architekturhauses Salzburg wären ohne diese Entscheidungen nicht denkbar. Meinhart hat diese Entwicklung auch gegen viele Widerstände eingeleitet, sich mit den Strukturen beschäftigt und auch die Personen gesucht und involviert, die es braucht, um jene mit Leben zu füllen. Er tat dies überaus selbstlos und scheute die Konflikte nicht, die sich dadurch ergeben haben.
Zu diesem ehrenamtlichen Engagement kamen seine vielfältigen künstlerischen Ambitionen. Er hatte eine geheime Liebe zur Malerei, die er in den letzten Jahren wieder intensiv gepflegt hat, spielte Gitarre und war aus dieser Befindlichkeit heraus mit vielen professionellen Künstler*innen eng befreundet und wurde von diesen geschätzt. Durch seine Vernetzung in der Kulturszene kuratierte er immer wieder spannende Vorhaben, so etwa 1998 das Ausstellungsprojekt „icon – urban images“ in der Galerie Fotohof und war federführend bei der Zusammenarbeit mit dem Salzburger Kunstverein und anderen Partnern beim EU-Projekt mit dem Kunstnamen „Trichtlinnburg“. Der Name setzt sich aus den Partnerstädten Tallinn, Salzburg und Maastricht zusammen. Beim Projekts Public Space/Öffentlicher Raum Salzburg Lehen im Jahr 1997/98 war Meinhart ebenfalls in der Konzeption beteiligt. Bereits damals plante man die Sperre der Ignaz-Harrer-Straße. In dem vom belgischen Architekten Luc Deleu initiierten visionären Projekt ging es um die Rückeroberung des öffentlichen Raums.
Karl Meinhart hat sich – und das ist etwas, was heute nur mehr von wenigen behauptet werden kann – sowohl bei den ganz großen Projekten wie der MedVet in Wien oder dem Großprojekt für Thessaloniki, als auch im kleinen Maßstab und im Design wohlgefühlt, wie jener Schreibtisch zeigt, den er für seinen Freund Robert Menasse entwarf. Seit Kindheits- und Jugendtagen verband ihn überdies eine innige Freundschaft mit dem Schriftsteller und Theatermacher Kurt Palm, für den er in Wien eine Wohnung geplant hat. Eine intensive künstlerische Beziehung unterhielt er auch zu Heimo Zobernigg, einem der wichtigsten österreichischen Künstler der Gegenwart. Gemeinsam haben sie 2001 den Wettbewerb für das Antifaschismusdenkmal am Bahnhofsvorplatz (Südtiroler Platz) in Salzburg mit über dreihundert Teilnehmer*innen gewonnen. Mit diesem Denkmal haben Meinhart/Zobernigg einen künstlerisch und inhaltlich überzeugenden Beitrag im Kontext Erinnerungskultur und NS-Verbrechen geschaffen, der ebenbürtig neben der Arbeit einer Rachel Whiteread am Judenplatz in Wien steht.
Als Architekt hinterlässt Meinhart kein riesiges Oeuvre, aber eines, das sein soziales Engagement nachdrücklich unter Beweis stellt. Alle Aufträge, die er zusammen mit Georg Huber umsetzen konnte, wurden über Wettbewerbe lukriert und ihnen gelang dabei oft ein Entwurf, der seiner Zeit voraus war. So auch im Rahmen des Wettbewerbs für die Neugestaltung des Ortszentrums Thalgau, wo erstmals eine hochrangige Landesstraße zu einer Begegnungszone umgestaltet wurde.
Im Festspielhaus war das Büro „one room“ seit 1998 mit diversen kleinen Umbauten, wie dem Direktionsfoyer, einem Besprechungsraum, den Buffets im Großes Festspielhaus und der Adaptierung der Staatsloge betraut. Diese Zusammenarbeit endete bezeichnenderweise 2003 mit ihrem Wettbewerbserfolg für die Neugestaltung der Hofstallgasse. Für ihren Beitrag zur Neugestaltung des „schönsten Foyers“ der Welt, bei dem sie sich gegen prominente internationale Konkurrenz wie David Adjaye (London), Carme Pinós (Barcelona), Ábalos & Herreros (Madrid) und viele andere durchsetzen konnten, schlug den damals jungen Architekten der blanke Hohn des Boulevards entgegen, sodass die Umsetzung des Projektes schließlich ein Torso blieb.
Die letzte gemeinsame Arbeit von Karl Meinhart und Georg Huber war der Umbau und die Erweiterung des Musischen Gymnasiums Salzburg, die 2019 fertiggestellt wurde und auf einen Wettbewerb aus dem Jahr 2013 zurückgeht. Dazwischen lagen wichtige Projekte wie das Kinderhaus der Universität Konstanz (2011), die Generalsanierung und Erweiterung der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule I & II (2007) und die Wohnanlage in der Julius-Welser-Straße (2004). Mit dem Kindergarten in Leopoldskron haben sie bereits 2001 das erste nachhaltige Objekt in Salzburg mit einer intensiven Dachbegrünung geschaffen. In der Ausstellung Emerging Architecture 3 (2003) im Architekturzentrum Wien war one room unter anderem mit diesem Projekt vertreten. Es wurde 2021 anlässlich der Präsentation der Ausstellung „Greening the City“ des Deutschen Architekturmuseums in Salzburg in die Schau aufgenommen und fand so zu einer späten internationalen Anerkennung.
Mit Karl Meinhart verlieren wir einen guten Freund und einen Unterstützer der Initiative Architektur. Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen. Die Verabschiedung von Karl Meinhart fand am Wiener Zentralfriedhof statt.