Friedrich Kurrent (1931-2022)
Friedrich Kurrent wurde am 10. September 1931 in der kleinen Gemeinde Hintersee bei Salzburg geboren. Eine Gemeinde mit Bauern und Waldarbeitern, die für die Bundesforste, dem mit Abstand größten Waldbesitzer der Gegend arbeiteten. So auch der ursprünglich aus Kärnten stammende Vater Kurrents. Als gelernter Maschinenschlosser war er bei den Bundesforsten für den Bau und den Betrieb der Seilbahnen für den Holztransport zuständig. Seine Mutter stammte aus Salzburg und war gelernte Schneiderin. In seinem Buch „Einige Häuser, Kirchen und Dergleichen“ beschreibt Kurrent die unglaublichen, fast noch mittelalterlichen Lebensbedingungen, die damals in dieser bergigen Region, nur wenige Kilometer von der Landeshauptstadt entfernt, herrschten.
In der Staatsgewerbeschule, die Kurrent von 1945-49 besuchte, saß er dann mit Otto Leitner mit Friedrich Achleitner, Georg Gsteu, Wilhelm Holzbauer und Hans Puchhammer in einer Klasse. Sie gingen geschlossen zum Architekturstudium nach Wien, der Rest ist österreichische Architekturgeschichte.
Kurrent ist nicht nur als Architekt, sondern auch als Architekturhistoriker, Lehrer (an der TU München hatte er den „Döllgast-Lehrstuhl“ inne) und Autor von Bedeutung. Mit seinen Texten und aphoristischen Äußerungen steht er in der Tradition eines Adolf Loos, der das gängige Sprachgedudel und Lobgehudel messerscharf seziert und ihm mit Verve entgegentrat. So hat er die immer wieder vergessenen, verdrängten und unbeachteten Seiten der (Architektur-)Geschichte festgehalten und als Dokumentarist die Zwischentöne und seine Sicht der Dinge festgehalten. Er hat dies in Briefen, Zeitungsartikeln und in zahlreichen Büchern getan, die er in Salzburg bei zwei Verlagen publizierte. Zunächst mit dem Verlag Anton Pustet – dort war 1937 schon die erste Monografie seines Lehrers Clemens Holzmeister erschienen – ein Aspekt, den er zu schätzen wusste – und dann nachdem Verlagsleiterin Mona Müry(-Leitner) ihren eigenen, den Müry Salzmann Verlag gegründete, bei diesem. Auch dieses verlegerische Engagement wird in Salzburg geflissentlich übersehen.
Die Verbindung zu Salzburg war Kurrent immer wichtig, größere öffentliche Aufträge hat er dennoch nie erhalten. 2007 hat ihm das Land das Silberne Ehrenzeichen des Landes Salzburg überreicht. So hat Kurrent, wie er es selbst treffend formulierte, zeitlebens nur „Einige Häuser, Kirchen und dergleichen“ gebaut, aber das, was er umsetzte hat Bestand, wie die kleine Holzkapelle in Ramingstein oder der vielleicht beste Museumsbau der Gegenwart, den er in Sommerrein am Abhang des Leithagebirges für seine Lebensgefährtin Maria Biljan-Bilger gebaut hat.
Das obenstehende Bild entstand bei einer Veranstaltung im Museum der Moderne anlässlich einer Diskussion über Ungebautes in Salzburg, wie der Entwurf für die Trabantenstadt Taxham der arbeitsgruppe 4, der nicht umgesetzt worden war. Ihm gegenüber saß damals sein ehemaliger Studienkollege und Büropartner Wilhelm Holzbauer, der das „Haus für Mozart“ geplant und mit aller Gewalt durchgesetzt hatte, währenddessen Kurrents Alternativvorschlag für ein solches Haus als kleiner, 700 Personen fassender hölzerner Klangkörper im Bruderhof kein Gehör fand. Unwirtschaftlich und nicht realisierbar sei das, wurde ihm bedeutet. Diese Ignoranz gegenüber dem Visionären hat ihn getroffen.
Ans Herz gelegt seien die Bücher Kurrent, die zu einem Gutteil längst vergriffen sind, wie die Mappenwerke über Adolf Loos und über Le Corbusier, die „Möbel-Mappe“ oder seine „Städtezeichnungen“. In letzteren offenbart er sein Talent als Zeichner, der die Zeichnung als Mittel des begreifenden Sehens und des Erfassens des Genius loci begreift.
Mit Friedrich Kurrent ist einer der letzten Heroen einer Ära verstorben, die nach den unheilvollen Jahren der NS-Zeit und gegen alle Widerstände, den Neuanfang der österreichischen Moderne nach 1945 markierten.
In seinem Haus am Spittelberg in Wien, das nicht zuletzt durch sein Engagement vor einer Kahlschlagsanierung bewahrt wurde, ist eine Marmortafel aus der Erbauungszeit des Hauses vermauert. Darauf steht die alte Hausnummer 48 und in einer barocken Kurrent-Schönschrift der Hausname: „Zur goldenen Hand“. Wahrlich eine solche hatte er, sie ruht nun für immer.