Kostengünstig Bauen ja, aber richtig.
STELLUNGNAHME DER INITIATIVE ARCHITEKTURGenerell ist es zu begrüßen, dass Initiativen zur Kostendämpfung im (sozialen) Wohnbau gesetzt werden. Der Entwurf der Salzburger Landesregierung setzt neben Schritten, die wir begrüßen, wie die Möglichkeit förderbare Mietwohnungen in Einzelhandelsnutzungen zu kombinieren, wenn erstere zumindest die doppelte Fläche der Gesamtverkaufsfläche einnehmen, an Parametern an, die vordergründig kostentreibend wirken, das eigentliche Problem aber nicht berühren.
Die Kostensteigerung im Bereich des Wohnbaues ergibt sich heute in erster Linie durch die hohen Grundstückskosten und die Nichtverfügbarkeit von Bauland. Das zwingt zu immer höheren Baudichten und zur verzweifelten Suche nach der Einsparung bei den Baukosten. Der Einsatz von qualitativ minderwertigen Materialen und Baustoffen, wie beispielsweise nicht nachhaltige Wärmedämmverbundsysteme sind das Ergebnis.
Der Blick in die Zahlen der Statistik Austria belegt, dass für die gestiegenen Kosten für das Wohnen die Grundstückspreise verantwortlich sind. Beim Bauen selbst lässt sich nur mehr durch die Absenkung der Standards sparen. Der vorliegende Entwurf rechnet durch solche Maßnahmen (i.e. die Nichtanwendung von §§ 34 bis 36 BauTG 2015) mit bis zu 15% Einsparungen, was angesichts fehlender Nachweise, wie einschlägige Forschungsarbeiten oder Modellbauvorhaben, anzuzweifeln ist.
Bauland wurde in der Stadt Salzburg 2015 durchschnittlich um € 352,- gehandelt, 2016 bereits um 857,- 2017: 910,-, 2018: 940,- und 2019 um sage und schreibe € 1.043,-. Das bedeutet innerhalb von nur fünf Jahren eine Verdreifachung der Grundstückspreise! Dieser Trend ist, wenn auch nicht in dieser Schärfe, so doch ziemlich einheitlich im ganzen Land (vom Abwanderungsbezirk Lungau einmal abgesehen) zu beobachten. Nur wahllos einige Gemeinden des Flachgaues herausgegriffen: Mattsee 273,-/qm Bauland (2015); 456,- (2019) Steigerung um 59 %; Bergheim 298,- (2015); 471,- (2019) oder Hallwang 263,- (2015) auf 465,- (2019).
Dieser rein spekulative Gewinn kostet der Allgemeinheit enorme Mittel, die sie in Form von Förderungen und Unterstützungen (wie Mietenzuschüsse) am Ende des Tages teuer bezahlt. Grünland wurde in der gleichen Zeit um einen Bruchteil der Baulandpreis gehandelt. In der Stadt Salzburg lag 2018 der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei € 45,- (vgl. Stadt Salzburg (Hg.): Salzburg in Zahlen, 3/3019, November 2019) also bei einem 1/20 des Baulandpreises! Letztlich schöpft diese Differenz zwischen Grünland- und Baulandpreis der Grundeigentümer ohne sein Zutun als Widmungsgewinn ab. Diese Umverteilungsstruktur wird mit dem Entwurf gefördert. Alle Kosten hinsichtlich der Aufschließung von Grundstücken im Grünland trägt wiederum die Öffentlichkeit/die Gemeinde. Bestehen bleibt hingegen der in den meisten Gemeinden vorhandene Überhang an gewidmeten Wohnbauland, das mangels des Verkaufsinteresses der Eigentümer, nicht zur Verfügung steht.
Da, wie durch die einschlägige Judikatur hinreichend festgestellt, auf eine bestimmte Widmung kein Rechtsanspruch besteht, schlagen wir vor, im Zuge der Überarbeitung der Räumlichen Entwicklungskonzepte dieses für den Wohnbau gewidmete Bauland entschädigungslos in Grünland mit einer öffentlichen Kennzeichnung als Bauerwartungsland rückzuwidmen. Für diese in einem neuen Gesetz zu definierenden Flächen, für die der Grundeigentümer bereits einmal eine Einwilligung als Bauland gegeben hatte, sind durch die Gemeinden dem Eigentümer ein Angebot über einen angemessenen Preis des Grundstücks zu unterbreiten und entsprechende Verhandlungen über den Erwerb einzuleiten. Verlaufen diese ergebnislos verfällt die Widmung.
Als Käufer dieser Liegenschaften vergibt die Gemeinde nun ein Baurecht auf bspw. 99 Jahre an einen gemeinnützigen Bauträger, einen ebensolchen Verein oder dergleichen. Neben den Gemeinden selbst sollen auch bestehende Institutionen wie die LandInvest deren Auftrag genau in dieser Tätigkeit liegt, herangezogen werden. Dies hätte auch den Vorteil, dass die Budgets, gerade bei finanzschwachen Gemeinden nicht belastet werden und bei einer Institutionen wie der Landinvest sowohl die Mittel, sowie die rechtliche und die instrumentelle Kompetenz vorhanden sind, um entsprechende Verhandlungen zu führen und rechtswirksame Verträge mit den Eigentümern rasch und gezielt errichten zu können.
Weiters schlagen wir in diesem Kontext vor,
- dass die genannten Körperschaften und Einrichtungen Leerstandsgebäude erwerben und diese zu vernünftigen Bedingungen revitalisieren und so dem Wohnungsmarkt zuführen.
Hinsichtlich der Kosteneinsparungen im Wohnbau schlagen wir weiters vor,
- die Berechnung der Energie-Kennzahlen nach alternativen Modellen (Vorbild Schweiz) um einfachere Bauweisen zu ermöglichen und ökologisch nicht sinnvolle Vollwärmeverbundsysteme zu vermeiden.
Hinsichtlich der Einsparung der Kosten von Tiefgaragen vertreten wir die Auffassung,
- dass, gerade im Hinblick auf die angedachten Kleinwohnungen, eine sinnvolle Obergrenze bei der Zahl der Stellplätze einzuführen wäre und sich diese am Stellplatzschlüssel für Studentenheim orientieren soll.
Ohne eine Reform in der Beschaffung von kostengünstigem Wohnbauland geht die Debatte über kostengünstiges Wohnen ins Leere. Ohne einen entsprechenden politischen Druck wird auch das vorgeschlagene Bauen im Grünland zu einem Fass ohne Boden und die Kosten dafür den nächsten Generationen aufgebürdet. Dieses „Grünbauland“ – würde überdies umgehend im Preis nach oben schnellen und letztlich genauso wenig zur Verfügung stehen wie derzeit das gewidmete Bauland. Ohne dass die Gemeinden oder eine Einrichtung wie die Landinvest die Beschaffung von entsprechendem Bauland aktiv tätigen, werden sich unserer Meinung nach auch die erhofften Einsparungen in der Höhe von 15 % nicht erzielen lassen. Im Gegenteil, sie werden umgehend von Steigerungen bei den Baulandpreisen wieder aufgesogen werden. Der „Erfolg“ wäre am Ende des Tages eine intensivierte Zersiedelung mit Wohnbauten von dürftiger Qualität. Bezahlt wird das überdies mit der sozialen Herabsetzung von Mietern, die in solchen Mindeststandardwohnungen, ohne Freiräume, ohne Balkone leben müssen. Die CoVid-Krise hat uns gelehrt, wie wichtig derartige Freiräume sind.
Als Fachleute und ExpertInnen im Bereich des Wohnbaues, der Architektur und des Städtebaues im Allgemeinen raten wir von der Umsetzung des angesprochenen Abschnitts des Gesetzesvorhabens ab. Auch wenn das Gesetz auf fünf Jahre befristet ist, Wohnhäuser, die aus diesem Titel entstehen, vergehen nach diesem Zeitraum nicht, sondern würden dauerhaft zu Wohnstätten zweiter Klasse führen. Einerseits gibt sich das Land Salzburg in seinem Kulturentwicklungsplan gewissen baukulturellen Grundsätzen (Kap. 13 des Kulturentwicklungsplans), darunter die Wahrung des baulichen Erbes, andererseits werden diese Ziele durch die geplante Nichtbegutachtung durch Raum-/ und Ortsplaner und die Anwendung vereinfachter Verfahren in Verbindung mit dem Entfall einer Begutachtung durch Gestaltungsbeiräte konterkariert. Positive Auswirkungen im Hinblick auf die raumordnerische bzw. baukulturelle Qualität des Landes sind nicht zu erwarten.