Nach der Präsentation der Pläne für die Revitalisierung der Hotels am Straubingerplatz in Bad Gastein im Dezember 2020 stehen, wie damals bereits angekündigt, nun die Neu- und Zubaupläne rund um das denkmalgeschützte Hotelensemble im Mittelpunkt. Architekt Markus Kaplan von den BWM Architekten wird diese erläutern. Prof. Dr. Arnold Bartetzky von der Universität Leipzig wird über den städtebaulichen Denkmalschutz und dessen Erfolgsgeschichte im Rahmen der deutschen Städtebauförderung referieren. Inwieweit dieses Modell auch ein Vorbild für Österreich sein könnte, soll im Rahmen der Veranstaltung diskutiert werden.
Arnold Bartetzky: Städtebaulicher Denkmalschutz als Impuls für Stadtentwicklung in Deutschland. Ein Modell für Österreich? Das deutsche Bund-Länder-Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz, das 1991 zur Rettung der verfallenden Stadtkerne in Ostdeutschland aufgelegt und 2009 auf die gesamte Bundesrepublik ausgeweitet wurde, gilt als eine Erfolgsgeschichte der Städtebauförderung. Das Programm verfolgt einen integrativen Ansatz, der nicht nur das Einzeldenkmal, sondern das städtebauliche Ensemble in den Blick nimmt und ein breites Spektrum von Aspekten der Stadtentwicklung einbezieht. Zentral ist dabei das Prinzip der umsichtigen und ressourcenschonenden Bestandsentwicklung, die nicht auf kurzsichtige Interessen, sondern auf nachhaltige Effekte setzt. Der Vortrag bietet einen Einblick in die Grundideen und Erfahrungen des Programms und fragt nach deren Übertragbarkeit auf die Herausforderungen in Österreich.
Zur Person:
1988-1994 Studium der Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie und Geschichte in Freiburg, Tübingen und Krakau, kurzzeitig auch der Architektur an der Technischen Universität Berlin, 1998 Promotion in Freiburg.
Seit 1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 2011 Fachkoordinator für Kunstgeschichte, seit 2017 Leiter der Abteilung „Kultur und Imagination“ am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas in Leipzig (GWZO).
Seit 2016 Honorarprofessor für Kunstgeschichte an der Universität Leipzig.
Neben wissenschaftlicher Tätigkeit publizistisches Engagement, u. a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 2012 Journalistenpreis des Deutschen Preises für Denkmalschutz.
Seit 2004 (Gründung des Büros) Teil von BWM Architekten.
2014 Wechsel in die Geschäftsführung.
Vertritt BWM seit 2014 als Gesellschafter in der URBANAUTS Hospitality Group, die das innovative grätzlhotel und die étagèrie in Wien betreibt.
Direkter Ansprechpartner von Projektentwicklern - vom Wohnbau bis zur Hotelanlage.
Antworten auf offene Fragen der Veranstaltung „Aufbruch in Bad Gastein II“ am 25. März 2021
Eva Hody: Bundesdenkmalamt, Salzburg Markus Kaplan: BWM Architekten Gerhard Steinbauer: Bürgermeister Bad Gastein
Dr. Bartetzky meinte, ein großer Fehler in der Entwicklung in ostdeutschen Städten waren die „kontraproduktiven Vorgaben der Lokalpolitik“. Wie wird die Gemeinde Bad Gastein sowie die Lokalpolitik verhindern, dass diese Fehler nicht begangen werden?
Steinbauer: Die Gemeinde Bad Gastein ist sich ihrer großen Verantwortung hinsichtlich der Weiterentwicklung des Ortsbildes – insbesondere auch im historischen Ortskern bewusst. Im Zuge der generellen Überarbeitung des Räumlichen Entwicklungskonzeptes, an deren Anfang wir gerade stehen, stellt daher auch die städtebauliche Entwicklung einen wichtigen Punkt dar. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns daher für einen Ortsplaner entschieden, der auch auf diesem Gebiet über die nötige Kompetenz verfügt [Anm. IA: Büro Salmhofer]. Ebenso seine Unterstützung beim Kapitel Städtebauliche Entwicklung zugesagt hat das Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat Salzburg.
Es gibt um Umfeld eine ganze Reihe neue Hotels. Soll mit dem Projekt nun ein neues Ortsbild mit vielen weiteren Hochpunkten entstehen? Wer wird die Gemeinde beraten? Steinbauer: Die Gemeinde bedient sich außerdem seit vielen Jahren der Unterstützung des Gestaltungsbeirates der Bezirkshauptmannschaft St. Johann. Letztes aktuelles Beispiel ist das Projekt Straubingerplatz.
Warum ist das Schleifen des Nebentraktes an der Dachterrasse Hotel Straubinger (Wasserfall-Seite, nicht Hotel Badeschloss) und das Ersetzen durch eine Architektur aus Glas und Holzlamellen notwendig? Auch das Fischgrät-Holzparkett in den Zimmern ist in gutem Zustand, warum wird es (wie erwähnt) ausgetauscht? Hody: Es ist ein kleiner, nicht bauzeitlicher Trakt ohne nennenswerte Ausstattung in eher schlechtem Bauzustand. Kaplan: Bzgl. Nebentrakt: Die Anforderungen des komplexen Raumprogramms konnten an der Stelle nur mit sehr groben Eingriffen realisiert werden. Es wäre von der Substanz kaum etwas übergeblieben und die Raumhöhen (somit die Fassade) hat nicht mehr gepasst, deswegen wurde in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt entschieden, dass der Baukörper ersetzt werden kann. Bzgl. Parkett: Es werden alle Decken ertüchtigt, die Fußbodenaufbauten erneuert, denn diese erfüllen mitnichten den aktuellen Stand der Technik (Stichwort Feuerpolizei, Schallschutz…). Erhaltenswerte Parkettböden bzw. Böden in perfektem Zustand werden jedoch zwischengelagert und wiederverwendet.
Zum Badeschloss-Turm: Was war der Grund für die Verjüngung nach oben? Kaplan: Die Verjüngung nach oben rührt daher, den Neubau schlanker wirken zu lassen.
Alle großen Kubaturen in Bad Gastein haben diese Rahmung in Weiß, die auch nachts in Erscheinung tritt. Wird es so wirken, dass einzelne beleuchtete Fenster ohne Rahmung durch die Nacht „schweben"? Kaplan: Die Nachtwirkung unserer Gebäude, Neu- wie Altbau, wird ziemlich ident sein mit der Nachtwirkung von jedem Gebäude in Bad Gastein. Ich verstehe die Frage nach der weißen Rahmung jedoch nicht.
Zum ehem. Kongresszentrum: Gibt es eine Perspektive für eine Wieder-Bespielung?
Hody: Nein, diesbezügliche Entscheidungen obliegen dem Eigentümer. Kaplan: Wir hoffen, dass es sehr bald wieder bespielt wird, da wir Garstenauer sehr schätzen und den Kongress ganz im Speziellen als einen extrem wichtigen historischen Zeitzeugen für Bad Gastein erachten. Das Fortschreiben der Baugeschichte auf hohem Niveau kann somit zumindest bis in die 70er Jahre belegt werden. Eine Bespielung an diesem Ort als Kunstmuseum oder Galerie mit Eventflächen, Geschäften und Tagungsbereich fänden wir sehr wichtig für Bad Gastein. Steinbauer: Zum Kongresshaus gibt leider keine Neuigkeiten, das liegt in den Händen des Eigentümers.
Warum wurde das Projekt erst nach Vorliegen des Baubescheides veröffentlicht?
Kaplan: Die geplante Pressekonferenz des Landeshauptmanns wurde Corona-bedingt zweimal verschoben. Schließlich fand der Termin virtuell statt. Hody: Seitens BDA dürfen Projekte erst veröffentlicht werden, wenn die Verfahren abgeschlossen sind. Somit ist es Sache des Eigentümers, wann er mit einem Projekt an die Öffentlichkeit geht.
Das Projekt passt sehr gut in den Bestand aus den Anfangszeiten der Badekultur, was bereits als Kompromiss zwischen Moderne und Vergangenheit verstanden wird. Müssten – von diesem Standpunkt aus – zukünftig nicht eher die neuen Ideen weiterverfolgt werden und nicht die Anpassung? Auch in städtebaulichem Kontext?
Kaplan: Wir finden, beides ist sehr wichtig. Im Sinne von Prof. Dr. Bartetzky könnte es auch einen städtebaulichen Denkmalschutz bzw. Ensembleschutz geben, nicht nur einen Objektschutz. Natürlich muss man ganz genau bewerten, welche Objekte erhaltenswert sind und welche nicht. Wir gehen immer davon aus, dass es eine Verbesserung geben soll, keine Verschlechterung. Der städtebauliche Diskurs ist heutzutage vielleicht schwieriger als früher bzw. wissen wir weniger darüber, wie der Dialog früher geführt wurde. Wenn man daran denkt, wie die Wandelbahn und das Casino für den Kongress von Garstenauer gefallen sind, dann weiß man nicht, wie der Dialog geführt wurde. Heute glauben wir nicht, dass solche Objekte abgerissen werden würden – gleichzeitig sind wir aber froh, dass es diese Zeitzeugen von Garstenauer aus der Nachkriegsmoderne gibt. Das ist insgesamt kein einfach zu führender, aber ein spannender Diskurs.
Welche Kompetenzen haben die Mitglieder des Gestaltungsbeirats? Gibt es eine öffentliche Liste?
Kaplan: Unser Projekt musste mit dem Gestaltungsbeirat der BH St. Johann im Pongau abgestimmt werden, konkret wurden sie folgenden Mitgliedern des Gestaltungsbeirates vorgelegt: Arch. Mag. arch. Paul Ager/ Vorsitzender Gestaltungsbeirat Arch. Dipl.-Ing. Karl Moosbrugger/ Mitglied Gestaltungsbeirat Dipl.-Ing. Roland Stich/ Mitglied Gestaltungsbeirat Aktuell gibt es das Büro Salmhofer, das mit der Erstellung des REK (räumliches Entwicklungskonzept) beauftragt ist. Das ist aber erst seit kurzem so und unser Planungsprozess war davon nicht betroffen.
Es gibt um Umfeld eine ganze Reihe neue Hotels. Soll mit dem Projekt nun ein neues Ortsbild mit vielen weiteren Hochpunkten entstehen? Wer wird die Gemeinde beraten?
Kaplan: Wir können uns weitere Hochpunkte an geeigneter Stelle vorstellen, aber das bedarf einer genaueren Untersuchung.
Grundsätzlich ist Bad Gastein ein Thermalbad. Das Ensemble wird von den Thermalquellen eingefasst. Das Raumgefüge wurde in der Geschichte dementsprechend entwickelt. Inwieweit findet das Thermalwasser im Projekt Beachtung? Warum werden die für Bad Gastein so bedeutenden Thermalbädertrakte einerseits abgebrochen, andererseits stark verändert?
Hody: Gerade die Ausstattung der Thermalbädertrakte wurden in der Vergangenheit (20. Jh.) regelmäßig erneuert. Zum Teil sind diese Trakte auf Grund der Feuchteverhältnisse in baulich besonders desolatem Zustand. Im Hotel Straubinger bleibt der Thermalbädertrakt erhalten, im Badeschloss war der Bauzustand nicht mehr zu erhalten. Kaplan: Der Thermalbädertrakt des Badeschlosses war mehr als baufällig und wurde vom Bundesdenkmalamt zum Abbruch freigegen. Badekultur ist in unseren Projekten jedoch extrem wichtig. Beim Hotel Straubinger wird der ursprüngliche Trakt vollends in die Architektur integriert, sogar die Original-Bäder in das Zimmer-Design – es entstehen spezielle Spa-Suiten und diese sind wesentlicher Teil des Gestaltungskonzeptes. Badesuiten gibt es auch im Bestand des Badeschlosses, sowie die Badewannen hinter den Schaufenstern des Neubaus und den Spa-Bereich mit abschließenden Infinity-Pool auf dem Rooftop.
Weshalb haben sich BWM Architekten entschieden, den Spa-Zubau des Hotel Straubinger ‚très chic‘ und ‚leicht‘ zu gestalten, den Badeschloss-Zubau allerdings düster, grob und schwer?
Kaplan: Früher stand an der Straubinger Platte eine Taverne aus Holz, daran haben wir uns orientiert. Wir haben gesagt, das soll unser neues Baden sein – leicht, mit Ausblick in die Natur, in die Berge. Es ist kein reiner Glaskörper, sondern ein Gebäude mit einem Vorhang aus Holz um Ein- und Aussichten zu lenken. Das knüpft an die Geschichte an, es werden Baustoffe verwendet, die früher an der Stelle verwendet wurden. Das Badeschloss ist ein anderes Projekt. Es sind zwei Hotels mit unterschiedlicher Positionierung, mit unterschiedlichen Gästen, die erwartet werden, wenn auch mit demselben Hotelbetreiber. Der Zubau beim Badeschloss ist an das Thema Felsen angelehnt – er steht in direkter Umgebung des Felsen und des Wasserfalls, entsprechend soll er felsenartig, skulptural wirken. Wir glauben, dass ein rein gläsernes Gebäude an der Stelle nicht die richtige Antwort gewesen wäre – es hätte die Umgebung reflektieren können, aber ein Glasgebäude bekommt schnell eine unnahbare Ausstrahlung. Wir wollten ein stabiles – Stichwort Felsen – Gebäude, das gleichzeitig eine gemütliche Ausstrahlung hat und Geborgenheit vermittelt, wie ein schützender Kokon wirkt.
Kann kulturelle Nachhaltigkeit überhaupt entstehen, wenn man die Substanz des Kurortes, die Thermalquellen und -kuren, in der jetzigen Investition ignoriert, sozusagen stilllegt?
Kaplan: Nicht nur die Architektur in Bad Gastein hat einen gewissen Wandel erfahren, sondern auch der Zweck der Reise nach Bad Gastein. Früher war es die Sommerfrische, heute ist der Wintertourismus wiederum stärker. Der Sommertourismus erfährt aber langsam eine Wiederbelebung, daran glauben wir. Wie bereits zuvor beschrieben, Badekultur ist uns in allen Punkten sehr wichtig und wir haben sehr wohl einen hohen Grad an Bäderkultur in unserem Projekt. Beim Badeschloss wird das Thema Baden massiv gespielt – hier dreht sich alles ums Baden, in jedem kleinen Mikrodesign. Im Zubau wird es spezielle Suiten geben, in denen die Badewanne in der Auslage steht und so ein Dialog zwischen innen und außen hergestellt wird – das Thema Baden ist hier somit ganz offensichtlich. Nimmt man dann noch die Infinity Pools der beiden Hotels, wird spätestens da die moderne Badekultur wieder gespiegelt und hat ganz hohe Priorität.
Wird das Hotel Mirabell höher als die direkt angrenzende Kirche?
Kaplan: Diese Frage können wir nicht beantworten, da es dazu noch kein konkretes Projekt gibt.
Das am pittoresken Gasteiner Wasserfall gelegene Hotelensemble, bestehend aus Hotel Straubinger, Badeschloss und Alte Post, wird unter dem Motto "Gegensätze auf einem Platz. Der Name ist Programm" revitalisiert und mit neuem Leben erfüllt – BWM Architekten zeichnen als Generalplaner für Revitalisierung und Corporate Design verantwortlich.
Nach den ersten beiden Veranstaltungen über den weltberühmten Kurort, bei denen das Projekt der BWM Architekten im Vordergrund stand, widmen wir uns nun der städtebaulichen Genese des Orts und seinen möglichen Perspektiven.
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