Presseinformation: Ausstellung Urban Symbiosis, Tom Beyr on City, Space and Body
Wir bitten Sie dringend die Fotografen Tom Beyr korrekt anzuführen!
Pressegespräch
Mittwoch, 4. Mai 2011, 11.00 Uhr
Großer Saal im Künstlerhaus,
5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 3
Es sprachen
Mag. (FH) Thomas Beyr
Fotograf
Dr. Roman Höllbacher
künstlerischer Leiter der Initiative Architektur
Ausstellungseröffnung
Urban Symbiosis – Tom Beyr
On City, Space and Body
Eröffnung mit Skateboard-Session: Mittwoch, 4. Mai 2011, 20 Uhr
Raum für Architektur im Künstlerhaus,
5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 3
Ausstellung
Raum für Architektur im Künstlerhaus
5. Mai bis 2. Juli 2011
geschlossen: 27. Mai – 7. Juni sowie am 24. Juni 2011
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag, 14 bis 19 Uhr
Führungen auf Anfrage!
Skateboard-Session
Tag der offenen Türen im Künstlerhaus
Samstag, 2. Juli, 18 Uhr
Als unwirtlich und lebensfeindlich erscheinen die versiegelten Oberflächen unserer Städte. Für Street-Sportarten wie BMX, Rollerblading oder Skateboarding bilden sie aber die „Grundlage“. Junge Asphalt-Cowboys entdecken die moderne Stadt wieder als einen Ort des Abenteuers, der auf seine spezifischen Fahreigenschaften hin getestet, zum Schauplatz sportlich-kreativer Höchstleistungen wird.
Die Ausstellung „Urban Symbiosis“ von Tom Beyr zeigt Salzburger Skateboarder im körperlichen Dialog mit ihrer urbanen Umwelt. Beyr zeigt diese Akteure „in action“, auf der Suche nach den neuesten Bauten für ihre waghalsigen Manöver, die höchste Körperbeherrschung und Vertrautheit mit dem Gerät verlangen. Gleichsam „kollaterale“, nie geplante Nutzungsformen zeitgenössischer Architektur rücken dabei ebenso ins Blickfeld wie die Frage nach den Spielregeln im öffentlichen Raum. Die Ausstellung möchte PlanerInnen zur aktiven Auseinandersetzung mit diesem Thema animieren und zum Diskurs über Architektur und Jugendkultur anregen.
Tom Beyr
ist Absolvent der Fachhochschule Salzburg (Studiengang Multimedia Art) und beschäftigte sich im Rahmen seiner Diplomarbeit mit der sportiven Nutzung des urbanen Lebensraumes.
Zu Ausstellung ist auch ein Katalog erhältlich.
Dieser ist zu erwerben in der Ausstellung selbst oder unter: http://www.urbansymbiosis.com/
Urban Symbiosis –
Projektdokumentation und Stilistik
Der Fotoband „Urban Symbiosis“ ist im Rahmen der Diplomarbeit von Tom Beyr mit dem Titel „Das Portrait einer sportiven Szene“ entstanden. Die schriftliche Arbeit dazu ist eine Untersuchung der Bereiche Sport, Kultur und Medien, die zueinander in Wechselbeziehung stehen. Diese Beziehung wird besonders in sogenannten bewegungsorientierten Szenen, wie beispielsweise dem Skateboarding, Snowboarding oder Street-BMX sichtbar. Diese Sportarten zeichnen sich durch einen mehrdimensionalen Erlebnisfaktor aus. Sie beziehen sich nicht nur auf die sportliche Aktivität, sondern sind bieten auch gleichzeitig ein Angebot aus Mode, Musik, Events, und Medien an. Die in dem Band abgebildeten Fotos sind in einer halbjährigen Projektphase im Zeitraum von April – November 2009 im Großraum Salzburg gemeinsam mit der dort ansässigen Skateboard-Szene entstanden. Sie spiegeln die grundsätzlichen Werte, Einstellungen und Motive der Skateboard-Kultur wider. Dieser Zeitraum ist gleichzusetzen mit der „Skateboard-Saison“. In Salzburg kann Skateboarding witterungsbedingt hauptsächlich nur in diesen Monaten aktiv ausgeführt werden.
Alle Akteure die im Fotoband vorkommen leben ebenfalls im Großraum Salzburg und gehören zum inneren Kreis der Salzburger Skateboard-Szene. Zu Beginn des Fotoprojektes stand die Herstellung des Kontaktes im Vordergrund. Die Recherche erwies sich als nicht sehr schwierig, da schon seit längerem Kontakt zur Szene bestehen. Tom Beyr ist selbst Mitglied der Salzburger Snowboard-Szene. Durch die thematische Nähe beider Szenen (beides Boardsport) ergaben sich bereits im Vorfeld viele Kontakte. Es fehlte nicht an Unterstützern des Projektes. Beyr hat viel Zeit auf der „Straße“ verbracht und konnte daher die Kontakte zur Szene weiter ausbauen. Dabei stand nun das Kennenlernen der Akteure, deren Fähigkeiten und das Wissen um die besten Szenetreffpunkte (den Skatespots) im Vordergrund.
Neben der Recherche und der Auswahl fand eine intensive, fast tägliche fotografische Dokumentations- und Inszenierungsarbeit statt. Die Zahl der Shootings liegt zwischen 70 und 100, also ca. eine Fotografie pro Treffen. Es erfolgte immer eine gemeinsame Entscheidung darüber, welcher Ort mit welchem Trick inszeniert und fotografiert wurde. Die gesamte Fotografie ist folglich ein Produkt eines gemeinsamen Prozesses.
Stilistisch lässt sich die Art der Fotografie Tom Beyrs nicht eindeutig zuteilen. Fokussiert die Sportfotografie meist sehr auf die Inszenierung des Körpers wird bei „Urban Symbiosis“ gezielt versucht, die Stadt Salzburg und ihre Architektur gleichsam zu inszenieren. Das Ziel war dabei, auch die Lebensumgebung der Skateboarder zu zeigen und verschiedene Themen, welche zuvor aus der Skateboard-Kultur recherchiert wurden, zu verarbeiten. Dadurch bekamen die Bilder auch einen starken sozialdokumentarischen Charakter – sie zeigen uns mehr als nur die sportliche Aktivität. Die Fotografien lassen auch einen Blick in die Seele des Skateboardings und seiner Akteure zu. Unterstrichen wird dies durch eine Vielzahl von Details, Stillleben und Portraits, welche das Projekt durchziehen. Tom Beyr bezeichnet daher die Art seiner Fotografie als eine Mischung zwischen Sport- und sozialdokumentarischer Fotografie mit Ansätzen von Inszenierung.
www.urbansymbiosis.com
www.radical-images.com
Kurzbiografie Tom Beyr
Mag. (FH )Tom Beyr ist gebürtiger Salzburger, lebt und arbeitet in Salzburg. Der 33jährige Fotograf, Kameramann und Editor studierte an der Fachhochschule Salzburg Multimedia Art.
Schon als Kind kam er mit dem Skateboarding in Berührung und war darin bis zum 16. Lebensjahr aktiv. Obwohl sich sein sportliches Interesse von dieser Zeit an auf das Snowboarding konzentrierte, nützt er das Skateboard nach wie vor als Fortbewegungsmittel und ist der Salzburger Skateboardszene erhalten geblieben.
Nach einer Ausbildung zum Maschinenschlosser besuchte Beyr die Abendakademie für Wirtschaftsberufe und jobbte gleichzeitg in verschieden Berufen (Kellner, Taxilenker, Zimmerer, Gärtner, Portier und auch als Verkäufer in einem Skateboardshop). Er machte erste Erfahrungen mit dem Medium Fotografie und entdeckte in ihr eine große Leidenschaft, die er beim darauf folgenden Studium vertiefte.
Während eines Praktikums in Berlin bei Ralf Schmerberg, konnte er sich vor allem in den Projekten „Schatten auf Berlin“ und „Trouble – Teatime in Heiligendamm“ in besonderer Weise einbringen. Letzteres wurde mit dem „Cinema for Peace Award“ ausgezeichnet.
(http://www.mindpirates.org/?page=trouble, http://trouble-der-film.de/, http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/armutszeugnisse/1048812.html)
Neben seiner fotografischen Tätigkeit arbeitet Tom Beyr auch im Videobereich. Als Kameramann und Editor ist er für zwei private Fernsehsender tätig. Auf selbständiger Basis arbeitet er für diverse Videoproduktionsfirmen und Agenturen und verwirklicht eigene Projekte, bevorzugt im Sport- Kultur- und Sozialbereich.
Texte aus Tom Beyrs Fotoband
Live and let Skate
Skateboarding. Als urbanes Phänomen Ende der 70er aus den USA nach Europa geschwappt, gehören die jungen Männer und wenigen Frauen auf den rollenden Brettern zum Bild unserer heutigen Städte. Die sportive Avantgarde der ersten Generation impfte die nachfolgende mit der neuen Art einer Bewegung. Ob an schillernden Plätzen oder im urbanen Hinterland: Skateboarding hat sich seinen Platz in unseren Städten erobert.
Gerade in der Monotonie der Großstadt suchen wir auch nach neuen Wegen um uns unterschiedlich zu bewegen, um uns auszudrücken. In den geordneten Bahnen der Straßen und Gehwege unserer Metropolen, verschwindet zunehmend die Ausdruckskraft des menschlichen Körpers. Skateboarding dient als eine Form der Fortbewegung. Es ist aber vielmehr auch als eine Bewegungskultur zu verstehen. Es wird zur Kunst sich in der Anonymität der Großstadt anders zu bewegen und schafft somit für jeden auch ein eigenes Stück Identität. Diese Sportart besteht um ihrer selbst Willen und hetzt nicht zwingend einem geografischen Ziel hinterher.
Skateboarder sein, heißt, sich im städtischen Raum zu präsentieren und vor allem sich auszudrücken. Man folgt keinen vorbestimmten Bahnen, sondern gestaltet diese neu. Querfeldein verlassen Skateboarder die ausgetretenen Pfade unserer Städte und suchen sich ihre eigene Bedeutung des Betons. Sie adaptieren die Elemente der Stadt, formen Treppen, Mauern und Geländer zum urbanen Spielplatz und stellen somit die Architektur in Frage. Wie urbane Guerillas kämpfen sie für die Originalität von städtischem Lebensraum und setzen sich über die Regeln hinweg, welche diese bedrohen. Uniformierte und Kleinkarierte machen es ihnen zwar schwer, Skateboarding jeden Tag aufs Neue zu definieren, aber die Furcht vor Folgen ist schwächer als der Drang nach der täglichen Dosis städtischen (Er)Lebens. Man stelle sich vor, auch andere Sportarten hätten mit dieser Gegenwehr in Form von Verboten zu kämpfen. Wenn Fußball und Tennis zur illegalen Aktivität abgestempelt und die Stadien zur verbotenen Zone erklärt würden, wäre das Land wohl einem Bürgerkrieg nahe. Der öffentliche Raum spielt aber für das Skateboarding aber eine derart elementare Rolle, vergleichbar mit dem Wasser für einen Schwimmer, so dass sich die Wirkung ernannter und selbsternannter Ordnungshüter mit ihrer auftretenden Häufigkeit relativiert. „Skateboarding is not a crime!“ und schon gar kein Ausdruck rebellischen subversiven Verhaltens. Skateboarding ist vielmehr ein Lebensgefühl! Es ist Ausdruck der wechselwirkenden Beziehung zwischen der Stadt, ihrer Architektur und den darin lebenden Menschen. Ein Sport und eine Kultur zugleich, welche Tugenden wie Ausdauer, Ästhetik, Kreativität, Kraft und Mut in komplexen Bewegungen zum individuellen Ausdruck der Persönlichkeit verschmelzen lässt.
The Urban Playground
Stein, Beton, Glas und Stahl sind die Elemente unserer Städte. Die Platznot, in der sich viele Städte befinden, bietet den Menschen nur wenig für ihre Bewegungsfreiheit. Phantasielos aneinander gereihte Komplexe verwandeln Lebensraum oft in eine Tristesse. Für die Skateboarder ist diese dennoch nie ein Ort von Missständen. Für sie offenbart sich die Stadt nicht nur in der simplen Summe ihrer Häuser, sondern auch in der Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Bauteile, aus denen sie sich formt. Die Stadt in ihren Einzelteilen wahrgenommen, bietet den Skateboardern eine unbeschreibliche Vielzahl an Möglichkeiten, sie außerhalb ihrer Gleichformigkeit zu begreifen. Mauern, Treppen und Geländer sind Bausteine aus denen ihre Kreativität es schafft, die Stadt neu zu kreieren. Trick um Trick, Sprung für Sprung - Skateboarding ist eine visuelle Umwandlung der phantasielosen Stadt in einen Ort der Attraktion und setzt die Stadt im Moment ihrer spielerischen Eroberung in neuen Kontext.
Theater of Freedom
Die Bewegung ist ein wohl kennzeichnendes Merkmal menschlichen Lebens und der Körper wird damit zum Medium. Durch Mimik und Gestik teilen wir erst einander mit wer wir sind. Sie zeigen uns unsere kulturellen Werte, Einstellungen und Denkweisen. Die Bewegung drückt oft mehr aus als Worte. Ohne Bewegung wird der Mensch zum starren Objekt und die Stadt als sein Lebensraum zum sterilen Museum. Skateboarder erhalten das Leben in den Städten. Sie nutzen Treppen und Stufen als Bühnen. Jeder Trick wird Ausdruck der persönlichen Interpretation und des Stils. In den ästhetischen Figuren findet sich Vielfalt, Kombination und Individualismus und spiegelt Kreativität. Wie Schausteller tragen die Skateboarder an öffentlichen Plätzen vor, unterhalten mit waghalsigen Manövern und tragen dazu bei, dass die Stadt auch weiterhin als ein Ort der Menschen gesehen werden kann. Ihre spielerische Ästhetik vereint sich mit der Anmut der Bewegung und hebt sie über Regeln hinweg, die diese beschneiden. Sie spielen ein verbotenes Stück der Antidisziplin gegen die Begrenzung von Freiheit und Lebenslust.
The Citie´s Black Holes
Der Wandel der Zeit bringt auch die Städte in einen Prozess der ständigen Veränderung. Die schnell wechselnden Anforderungen unserer Gesellschaft brachten unsere Städte von jeher in Dynamik.
Neue Orte entstehen und alte geraten in Vergessenheit. Fernab der schillernden Gebäude, die den Zweck der Repräsentation erfüllen, spielen andere Bauwerke nur eine Nebenrolle im urbanen Geschehen. An ihnen hängt oft kein Hausschild und sie besitzen nur selten einen Namen. Sie sind Stiefkinder der Stadt. Für Skateboarder sind diese Orte aber dennoch von elementarer Bedeutung. Wie von schwarzen Löchern werden sie von ihnen angezogen. Sie entdecken in ihnen die Qualitäten ihrer Architektur und nicht in ihrer Bedeutung. Die Formgebungen ihrer Konturen sind für die Skateboarder entscheidend. Radien und Kurven, Rampen und Schanzen locken sie an längst vergessene und unbedeutende Orte. Unterführungen, Parkhäuser oder alte Bürokomplexe bekommen durch die Skateboarder neue Beachtung und unbedeutende Orte, die sich oft nur durch den Abstand zweier Randsteine beschreiben lassen, erhalten von ihnen erstmals einen Namen:
Vivacious Identities.
Die rollende Sippe prägt das Bild unserer Städte. Skateboarding ist keine Einzelaktivität, sondern vielmehr eine Familienangelegenheit. Wie umherziehende Zigeuner ziehen sie durch die Straßen, auf der Suche nach dem perfekten Spot. Formen aus Beton, Stein und Stahl sind die Objekte ihrer Begierde und sie erröten im Anblick ihrer Kurven und Rundungen.
Die Metapher vom “Leben im Ghetto” steht im Widerspruch zur wahren Liebe zur Architektur. Sie beleben Stadt und Stein im wahrsten Sinne. Der Randstein wird zur Couch und der Gehsteig zum Wohnzimmer. In der Gesellschaft in der wir leben, wird öffentlicher Raum oft als etwas Befremdliches gesehen und dient den meisten Stadtbewohnern nur zum Zwecke des Transits. Er ist aber mehr als nur urbanes Vakuum, welches man zweckgebunden betritt, um an unsere Wohnungen, Arbeits- und Freizeitstätten zu gelangen. Öffentlicher Raum ist unser aller Interaktionsort. Es ist ein Ort an dem wir andere wahrnehmen und von anderen wahrgenommen werden. Es ist der Ort um darzustellen, wer wir sind. Sport im öffentlichen Raum ist eine Form des gesellschaftlichen Lebens und Skateboarder sind die Vorreiter in der Wiederbelebung der Straßen. Sie besetzen ihn durch auf spielerische Art, funktionieren ihn um und nutzen ihn für ihre Zwecke. Im Gegenzug bringen sie die Attraktion zurück in die Straßen und der Blick aus dem Fenster lohnt sich weit mehr als das Zappen durch die Kanäle.