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Architektur UND ländlicher Raum
Um zeitgemäße Architektur auf dem Land Salzburg muß noch immer häufig gestritten werden. Was ist, wenn sich ein Bauherr lange Verzögerungen und zusätzliche Kosten nicht leisten kann, wenn er nicht energisch genug um sein Recht kämpft, keine positiven Gegengutachten erstellen lässt oder sich Bürgermeister auf zweifelhafte, negative Beurteilungen verlassen?
Bei Kompromissen als kleinste gemeinsame Nenner aller Beteiligten bleibt oft die Stimmigkeit auf der Strecke. Konkrete Beispiele in Salzburg zeigten Qualitätsverlust durch Einflussnahme von Bezirksarchitekten, lokalen Gestaltungsbeiräten, Naturschutz- oder Amtssachverständigen, Bauausschuss- und Gemeinderatsmitgliedern oder den Bürgermeister selbst. Die Letztgenannten sind in der Regel Laien. Auch eine HTL-Ausbildung reicht nicht zur Ausübung baukultureller Kompetenz. Trotzdem beurteilt eine Unzahl von Ingenieuren in Salzburger Amts- und Gemeindestuben Architektur. Während sich besonders unzeitgemäß agierende Amtsorgane an die Heimatschutzarchitektur der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhundert klammern, wächst die Offenheit in der Bevölkerung.
Gut gemeint ist bekanntlich das Gegenteil von gut. Das gilt auch für den Versuch, durch Bebauungspläne mit allzu einengenden Festlegungen - Dachform, Firstrichtung und Materialvorgabe bis zu Holzverschalung und Putz - dem individuellen Wildwuchs schlechten Geschmacks entgegenzutreten und die Ortsbilder zu "retten". Die Nivellierung mag gelegentlich besonders penetranten Kitsch behindern, die "Gleichbehandlung" schränkt aber auch engagierte Baukultur am anderen Ende der Qualitätsskala ein.
Die zur "bestenfalls" Entstellung engagierter Architektur aufgewendete Energie könnte ungleich produktiver eingesetzt werden! Bei zwei strukturellen Problemen besteht nämlich größter Handlungsbedarf: Neben einer konsequenteren notwendigen Verhinderung raumordnerisch kontraproduktiver Einzelinteressen, die oft den Maßstab von Ortschaften sprengen, sollten zum landschaftsfressenden Einfamilienhaus alternative Wohnformen stärker gefördert werden.
Norbert Mayr