Stadt, Gewalt und Kontrolle
Ausstellungseröffnung und erste Diskussionsveranstaltung
Donnerstag, 27. Jänner 2005 um 19.00
Die Ausstellung ist eine mehrteilige Installation unter Aneignung eines s/wPhotos von Julius Shulman, des Doyens der Architekturfotografie aus Los
Angeles, und einer Hand kolorierten Diaserie von Hermann Drawe (Wien 1904),
die erstmals im Dezember 2004 in der Neuen Galerie in Graz ausgestellt
wurde.
Julius Shulmans Foto einer massiven Tresortür im Keller eines Bankgebäudes
(erschienen in: Nan Ellin, Hg., Architecture of Fear New York 1996) wird
hier im Gegensatz zu seiner realen Materialbeschaffenheit als filigraner,
Raum trennender Vorhang inszeniert, dessen Eingang ausgeschnitten ist, um
einen Durchblick auf den Raum und die Diaprojektion dahinter zu ermöglichen.
Die Diaprojektion wird als kreisrunde Rückprojektion innerhalb eines
meterlangen liegenden Kanalrohres inszeniert: Sie zeigt Blicke in eine
andere Unterwelt: es ist die Ausschnitt hafte Rekonstruktion eines äußerst
populären Vortrages, der von 1904 bis 1908 dreihundert mal (!) in der Wiener
Urania aufgeführt wurde, ca. 60.000 Besucher verzeichnete und auf Grund des
großen Erfolges auch in Buchform publiziert wurde (Emil Kläger, Durch die
Wiener Quartiere des Elends und Verbrechens. Ein Wanderbuch aus dem
Jenseits, Wien 1908). Die Autoren, der Journalist und Literat Emil Kläger
und der Richter und Amateurfotograf Hermann Drawe begaben sich als Bettler
und Obdachlose getarnt in die Wohnquartiere der Ärmsten in der Vorstadt, in
Parks, in den Ziegelöfen und im städtischen Untergrund. Ihre Folge
filmischer Heranschnitte endete schließlich in nachgestellten Szenen eines
Einbruchs und einer Messerstecherei.
Für die Ausstellung in der Bayrischen Architektenkammer München wird die
Arbeit durch einen Infopool, eine Lese- und Video-Sitzgruppe zur
Produktivkraft des realen und imaginierten Verbrechens für die Entwicklung
der Sicherheitstechnik, Architektur und Stadtplanung, ergänzt - die
präventiv durch Videokameras überwacht wird...
(Dank an Julius Shulman und die Wiener Kunsthistorikerin Margarethe Szelles,
die die Originaldias von Hermann Drawe zusammengetragen, erstmals auf
Kleinbildformat kopiert und für die künstlerische Aneignung zu Verfügung
gestellt hat)